Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Erlangen e. V.

Stellungnahme des ADFC Erlangen zum UVPA am 20.6.

Im Vorfeld der Sitzung des Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschusses am 20.6. hat der ADFC Erlangen eine schriftliche Stellungnahme zu für den Radverkehr relevanten TOPs abgegeben, insbesondere zum geplanten Kreuzungsumbau "Gebbert-/Hofmannstraße".

Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschuss (UVPA)
Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschuss (UVPA) © ADFC Erlangen | Michael Zell

Sehr geehrte Damen und Herren,

im kommenden UVPA am 20.6. liegt Ihnen als TOP 18 der Kreuzungsumbau "Gebbert-/Hofmannstraße" im Rahmen des Zukunftsplans Fahrradstadt zum Beschluss vor. Der ADFC wurde im Vorfeld um eine Stellungnahme gebeten, die Ihnen aber zumindest nicht als Teil der UVPA-Unterlagen vorliegt. Auch wenn die Planung bereits augenscheinlich aufgrund unserer Stellungnahme geändert wurde, sehen wir diese in einem Teilaspekt weiterhin sehr kritisch. Leider wurden wir trotz ausdrücklichen Gesprächsangebots nicht noch einmal konsultiert, wir hätten uns z.B. pragmatisch eine Teilnahme im erwähnten Jour-Fixe Verkehr vorstellen können. Um Ihnen einen umfassenderen Blick zu ermöglichen, lassen wir Ihnen hiermit unsere aktuelle Position direkt zukommen.

Grundsätzlich halten wir den Vorschlag für einen guten Kompromiss ohne Eingriff in Privatgrund und den Verlust weiterer Bäume. Besonders positiv fällt die großzügige Breite der Mittelinseln von 3 Metern auf, die es auch Fahrrädern mit (Kinder-)Anhängern oder Lastenrädern ermöglicht, sicherer zu queren. Insgesamt stellt die Querungshilfe daher eine enorme Verbesserung für die Radachse Hofmannstraße dar.

Jedoch wird nach unsere Einschätzung bei der aktuellen Planung der Mittelinseln auf der Westseite der Gebbertstraße für Radfahrende in Südrichtung eine erhebliche Gefahrenstelle auf dieser wichtigen Radachse geschaffen: Die geplante Einleitung des Radverkehrs nördlich der Mittelinsel vom westlichen Hochbord auf die Fahrbahn wird in dieser Form von uns abgelehnt!

Nach unserem Dafürhalten würde eine solche Einleitung bei dem dort erlaubten und üblichen Geschwindigkeitsniveau von 50 km/h zu gefährlichen Situationen zwischen Radfahrenden und dem MIV führen. Insbesondere dann, wenn an dieser Stelle LKW- und Radverkehr aufeinandertreffen, erwarten wir kritische Situationen. Gerade bei Dunkelheit und/oder schlechten Wetterverhältnissen könnten Unfälle mit schwerverletzten oder gar getöteten Radfahrenden die Folge sein, wie sie in Nürnberg bei durchaus vergleichbaren Grundbedingungen bereits geschehen sind. Dass die Sichtverhältnisse durch einen vorgelagerten Baum erschwert werden, kommt verschärfend hinzu.

Unabhängig davon, ob unsere Risikoeinschätzung geteilt wird, verringert diese Planung unserer Überzeugung nach unbestreitbar das subjektive Sicherheitsgefühl vieler Radfahrenden. Daher werden viele Menschen einfach auf dem (zukünftig schmäleren) Bordstein weiterfahren. Fragen Sie sich bitte einmal selbst: “Würden Sie hier Ihr zehnjähriges Kind mit einem guten Gewissen alleine Fahrrad fahren lassen?” Zur Erinnerung: Ab dem zehnten Geburtstag dürfen Kinder nicht mehr auf reinen Gehwegen fahren, sie müssten hier wie Erwachsene auf die Fahrbahn wechseln!

Spielräume für eine andere Aufteilung des Straßenraums sehen wir v.a. an folgenden Stellen:

  • Im Sachbericht steht zu Beginn des Kapitels “3. Planung”: “Die 3,5 m Durchfahrtsbreite neben der Insel resultieren aus den Anforderungen des Winterdienstes.” Andere Städte sehen in solchen Fällen nur 3,25 m vor, unseren Informationen zufolge auch unsere Nachbarstadt Fürth. Diese Breite entspricht auch dem Maß, das in den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) vorgesehen ist. Warum benötigt der Erlanger Winterdienst eine Breite von 3,50 m? Gibt es dafür technische oder rechtliche Zwänge oder ist das “nur” ein Wunsch für eine leichtere Durchführung des Winterdienstes? Im zweiten Fall sollte dieser Wunsch nur ein Aspekt unter mehreren bei der Abwägung für eine zweckmäßige Planung sein und kann nicht absolut über der Sicherheit der schwächsten Verkehrsteilnehmenden stehen.
     
  • Im zweiten Absatz des gleichen Kapitels werden die Idealbreiten für Bordsteinradwege (2 m), Gehwege (2,50 m), gemeinsame Geh- und Radwege (3 m) und Mittelinseln (3 m) genannt und mit diesen begründet, warum hier kein eigenständiger Radweg mehr möglich sei. Hier würden wir eine pragmatische Lösung, die ein Plus an Sicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmenden bringt, dem starren Festhalten an Idealmaßen deutlich vorziehen. Warum nicht, wie in den Niederlanden üblich, zügig 80% realisieren statt lange auf die perfekte 100%-Lösung warten? Welchen Mehrwert haben Geh- und Radweg von 60 Meter Länge in Idealmaßen, wenn diese für über 200 Meter davor und danach für absehbare Zeit die aktuellen Maße behalten? Darüber hinaus messen wir der Stetigkeit einer Radwegeführung auch einen hohen Wert bei, die südlich folgenden Einmündungen Theodor-von-Zahn- und Mozartstraße sind dies bezüglich ein abschreckendes Beispiel. Das heißt, wir würden in dieser konkreten Situation eine Mittelinsel und/oder einen Radweg akzeptieren, deren Breite unter den höheren Erlanger Maßen liegt.

Wir bleiben daher bei unserer Forderung, den Radverkehr weiterhin auf dem westlichen Hochbord über die Einmündung der Hofmannstraße zu führen.

Die Verkehrsführung auf der Ostseite in Richtung Norden wird trotz der Unterbrechung des Angebotsstreifens für akzeptabel angesehen, da der Radverkehr für den KFZ-Verkehr gut sichtbar bereits auf Höhe der Mozartstraße auf die Fahrbahn geleitet wird.
 

Bei dieser Gelegenheit erlauben wir uns, auch zu anderen für den Radverkehr relevanten TOPs eine schriftliche Stellungnahme abzugeben:

Ö 8.2 Planung für einen Steg im Durchlass unter dem Main-Donau-Kanal in Frauenaurach

Die neue Information des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts, dass eine Verbesserung durchaus möglich ist, haben wir mit Freude zur Kenntnis genommen. Umso mehr sind wir von der Erlanger Verwaltung enttäuscht, die immer noch auf die Radwegführung über den Herzogenauracher Damm verweist. Bis über diese stark befahrene Straße eine für Radfahrende zufriedenstellende Lösung realisiert sein wird, wird es noch lange dauern. Im Übrigen wird eine Führung ÜBER den Kanal bei der vorliegenden Topografie in jedem Fall immer unattraktiver bleiben als UNTER dem Kanal hindurch. 

Worauf wir hier auch noch hinweisen möchten: Die Planung für den - gemäß Vorlage mit der Verwaltung abgestimmten - ersten Bauabschnitt für den Herzogenaurach Damm ist uns nicht bekannt, sie wurde uns trotz mehrmaliger Nachfragen bisher nicht zur Verfügung gestellt.

Ö 8.3 Fahrradparken an Bahnhöfen

Gemäß Berichterstattung in der Presse hat die Stadt für die geplante Abstellanlage an Gleis 1 eine Förderung im - unseren Informationen zufolge stark überzeichneten - Förderprogramm für Fahrrad-Parkhäuser beantragt. Wir fragen uns, warum nicht das Förderprogramm explizit für Abstellanlagen adressiert wurde (siehe https://www1.deutschebahn.com/resource/blob/10506086/58cf5fee2eefa66fab6dbd6a9b01d184/Infobroschuere_final_lang-data.pdf), da es sich bei der geplanten Anlage eben gerade nicht um ein Parkhaus, sondern um eine relativ einfache Doppelstockparkanlage handelt. Wir befürchten aus diesem Grund eine Ablehnung des Antrags im weiteren Verfahren.

Ö 24 Rezertifizierung als fahrradfreundliche Kommune - Handlungsempfehlungen und Umsetzungsstand des Zukunftsplans Fahrradstadt

Der Stolz und die Freude der Stadt und der Politik über die Rezertifizierung als fahrradfreundliche Kommune ist menschlich nachvollziehbar, sollte aber nicht zu falscher Zufriedenheit Anlass geben. Wir erlauben uns in diesem Zusammenhang den Hinweis, dass die Forderung der AGFK Bewertungskommission an die Stadtverwaltung, im 1. Quartal 2025 einen schriftlichen Sachstandsbericht zur Umsetzung der Maßnahmen aus dem Zukunftsplan Fahrradstadt vorzulegen, in der Geschichte der AGFK eine Ausnahmeerscheinung darstellt. Diese ist eindeutig als “Warnschuss” zu verstehen und verdeutlicht, dass die Stadt Erlangen mehr tun muss, damit sie auch in sieben Jahren wieder als "Fahrradfreundliche Kommune" ausgezeichnet wird. Sofern wiederholt "fehlendes Personal" als Grund für die stockende Umsetzung des Zukunftsplan herhalten müsste, möchten wir v.a. der Politik dringend empfehlen, zu fragen, warum die Stadtverwaltung innerhalb nur eines Jahres drei engagierte und kompetente Mitarbeiter im Bereich des Radverkehrs verloren hat. Die uns genannten Gründe sind in unseren Augen kein Ruhmesblatt für die Stadt Erlangen als Arbeitgeberin.

Eine Handlungsempfehlung der Kommission lautet außerdem: “Fortschrittsberichte veröffentlichen, um zu zeigen, was bereits umgesetzt wurde”

Der jährlich zu erstellende Umsetzungs- und Zeitplan zum Zukunftsplan Fahrradstadt ist immer noch nicht auf der Homepage der Stadt Erlangen für interessierte Bürgerinnen und Bürger einsehbar. Den Aktiven vom ADFC und Radentscheid Erlangen wurde der im Dezember 2022/Januar 2023 fällige Bericht für April zugesagt. Wir haben den Bericht jetzt durch Zufall in den Sitzungsunterlagen entdeckt und hatten bisher keine Möglichkeit, diesen auf Plausibilität und mögliche Lücken zu überprüfen.

https://erlangen.adfc.de/neuigkeit/uvpa-2023-06-20

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